Pfleger mit großem Herz und gefühlvoller Stimme

„Ich will Chirurg werden, aber das Singen ist auch ein großer Traum von mir. Ich möchte nicht das eine für das andere aufgeben. Jeden Tag gebe ich mein Bestes, damit ich beides erreichen kann.“ So beschreibt Archippe Benjamin Mbongue Ombang sich selbst und seine Ziele. Im Oktober 2019 kam Archippe nach Deutschland, um zu studieren. Aufgewachsen ist er in Kamerun, wo seine Eltern bis heute wohnen. „Natürlich vermisse ich meine Familie, aber sie sind so stolz auf mich und das gibt mir viel Kraft“, erzählt Archippe. Einen seiner Träume erfüllt er sich gerade: Archippe studiert Medizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. „Als Student wohne ich natürlich im Studentenwohnheim“, berichtet der 22-jährige aus seinem Alltag. Seinem anderen Traum – einer Musikkarriere – ist er auch schon ein großes Stück näher gekommen: In der Casting-Show „The Voice of Germany“ hat es Archippe bis ins Halbfinale geschafft und auf dem Weg die Herzen der Zuschauer im Sturm erobert.

Archippe arbeitet außerdem als Pflegehilfskraft im Seniorenzentrum Kiel-Pries. Einrichtungsleiter Jens Krüger erinnert sich gut an die Bewerbung von Archippe: „Wir haben im März diesen Jahres eine Initiativbewerbung von Archippe erhalten. Eigentlich sind wir personell sehr gut aufgestellt, weshalb ich die Unterlagen erstmal beiseitegelegt habe. Aber mir ist die Bewerbung nicht aus dem Kopf gegangen.“ Eine Woche später rief er bei Archippe an. „Das Telefonat war so nett und zugewandt, dass ich ihn unbedingt für unsere Einrichtung gewinnen wollte.“ Im Bewerbungsgespräch und an den anschließenden Schnuppertagen überzeugte Archippe das Pflegeteam mit seiner bescheidenen und freundlichen Art. „Bevor ich zu Alloheim kam, jobbte ich als Paketzusteller“, erzählt Archippe. „Den Job habe ich eigentlich nur angenommen, um meine Eltern finanziell nicht zu belasten. Auf ein Medizinstudium bereitet mich das aber nicht vor. Deshalb wollte ich in einem Pflegeheim anfangen.“

Seit März ist Archippe fester Bestandteil des Teams. „Er packt immer mit an und zeigt großes Engagement. Und mit seiner empathischen und liebenswürdigen Art ist er auch bei den Bewohnern sehr beliebt“, berichtete Jens Krüger aus dem Arbeitsalltag. Zwei Wochen nach seiner Einstellung hörte das Team ihn zum ersten Mal singen. „Während einer Veranstaltung der sozialen Betreuung hat Archippe ganz spontan ein Lied zum Besten gegeben. Der gesamte Wohnbereich kam zusammen, um ihm zuzuhören. Das war sehr ergreifend.“ Einen Eindruck von Archippes gefühlvoller Stimme können Sie im folgenden Video gewinnen – sein Viertelfinalauftritt bei „The Voice of Germany“ mit einer Interpretation von Seals „Love’s Devine“:

Bei Alloheim entwickelte sich schnell eine musikalische Freundschaft zwischen Archippe und der Pflegedienstleitung des Seniorenzentrums Kiel-Pries. „Wir haben festgestellt, dass wir einen ähnlichen Musikgeschmack haben und machen in der Freizeit gemeinsam Musik“, erzählt Archippe. Mit etwa 11 Jahren und gemeinsam mit zwei Freunden begann Archippe zu singen. Lange traute sich das Trio nicht aufzutreten – dann kam der erste Auftritt bei einem Gottesdienst mit überwältigendem Feedback. Es folgten der Eintritt in den Kirchenchor und später die Gründung einer Acapella-Band sowie zahlreiche Konzertauftritte.

Im Sommer bewarb Archippe sich bei „The Voice of Germany“ und wurde prompt zum Casting in Berlin eingeladen. „Für uns war sofort klar, dass Archippe es ganz weit schaffen würde“, meint Jens Krüger. Das Team des Seniorenzentrums stand dabei jederzeit hinter ihm: Die Kolleginnen und Kollegen übernahmen ganz selbstverständlich Archippes Dienste, um ihm die Teilnahme zu ermöglichen. Und nach dem Casting ging es für Archippe erst richtig los: Nachdem er es in den „Blind Auditions“ ins Team von Sarah Connor geschafft hatte, sang er sich mit viel Gefühl durch die „Battles“, das Viertelfinale und kam schließlich ins Halbfinale. „Bei ‚The Voice of Germany‘ zu sein, war für mich wie ein Traum. Bei jedem Auftritt konnte ich es kaum glauben, dass ich auf der Bühne stehen und für ein Millionenpublikum singen darf“, erzählt Archippe von seiner Reise bei der Castingshow. Dabei war es nicht immer einfach Job, Studium und die Auftritte unter einen Hut zu bekommen. „Vor den ‚Sing-offs‘ musste ich fünf Mal die Woche zur Uni, hatte abends Aufnahmen für ‚The Voice‘ und bin am Wochenende zur Arbeit gegangen. Das war richtig stressig. Als dann die Live-Shows anfingen, habe ich Uni und Arbeit erstmal pausiert, weil ich dauerhaft in Berlin sein musste.“

Archippes Kollegen und die Bewohner des Seniorenzentrums Kiel-Pries haben jeden seiner Auftritte bei „The Voice“ gespannt verfolgt: „Den ersten Auftritt von Archippe haben wir uns zusammen im Speisesaal angesehen. Zwei unserer Bewohnerinnen hatten auch einen Auftritt im Intro-Film von Archippe und fanden das richtig toll“, sagt Jens Krüger. Viele Bewohner sahen die Sendung an diesem Tag zum ersten Mal und mussten sich erstmal mit den Begrifflichkeiten vertraut machen. Von „Blind Auditions“ bis hin zu „Hot Seat“ ist das „The Voice“-Vokabular aber inzwischen in der Senioren-Residenz bekannt. „Natürlich habe ich dem Team und den Bewohnern gezeigt, wie man für mich abstimmen kann“, berichtet Archippe und lacht. „Dass alle jederzeit hinter mir gestanden und mich unterstützt haben, bedeutet mir wirklich sehr viel.“ Nicht nur im Kollegenkreis machten die Auftritte von Archippe die Runde. Auch Angehörige verfolgten die Sendung gespannt und erkundigen sich bei ihren Besuchen, ob Archippe gerade Dienst hat. Im Halbfinale war die Reise bei „The Voice of Germany“ für Archippe leider zu Ende: Knapp verlor er das Zuschauer-Voting gegen seine Teamkollegin.

„Wir haben Archippe bei seinen Auftritten im Fernsehen fest die Daumen gedrückt“, erzählen die Bewohnerinnen Rosmarie Dietschmons, Edith Schimmel und Christel Weyher (s. Bild unten). „Es hätte uns so gefreut, ihn als Sieger zu sehen. Aber wir sind auch froh, dass er wieder da ist und uns das eine oder andere Ständchen singen kann.“

Was steht jetzt für Archippe nach seiner Zeit bei „The Voice of Germany“ an? Neben seinem Job bei Alloheim und dem Medizinstudium ist und bleibt die Musik ein wichtiger Teil seines Lebens: „Ich werde mit meinem Coach Sarah Connor im Austausch bleiben“, berichtet Archippe über seine Zukunftsplänen. „Außerdem habe ich Anfragen für Auftritte bekommen und schon viel für das kommende Jahr geplant – Ihr könnt gespannt sein, wie es für mich weiter geht.“ Sehr gespannt ist das Team des Seniorenzentrums erstmal auf das geplante Weihnachtskonzert von Archippe und freut sich, ihn endlich wieder live in Kiel singen zu hören.